\chapter{Komponenten-/Softwareauswahl} \section{Dienstumgebung (ROS2)} \subsection{Auswahl} Durch eine Dienstumgebung werden häufig benötigte Funktionen bereitgestellt, welche in Programmen genutzt werden können. Dabei ist es irrelevant, ob diese für simulierte, aber auch echte Hardware, genutzt werden. Bei einer Dienstumgebung für Roboter gehören zu den grundlegendn Aspekten die Nachrichtenübergabe zwischen einzelen interagierenden Programmen, um eine gemeinsame Basis für ein einfach erweiterbares System zu schaffen. In diesem Bereich sticht ROS als Dienstumgebung für Roboter hervor, da es sich um ein etabliertes, quelloffenes und häufig verwendetes System handelt. Es bietet die oben genannten Aspekte und einige weitere Verbesserungen, welche später näher beleuchtet werden. Die neuste Version ROS2 bietet dabei einige Verbesserungen im Vergleich zu früheren Version ROS1. Ein neues Nachrichtenformat mit Quality of Service kann zum Beispiel Nachrichten vorhalten und über sowohl TCP als auch UDP kommunizieren. Außerdem werden nun neben CMake auch andere Buildsysteme unterstützt, unter anderem auch Python. Generell existieren im Feld der Roboter-Dienstumgebungen keine Alternativen mit ähnlichem Funktionsumfang und gleicher Reichweite, jedoch sind andere Systeme mit anderen Nachrichtenformaten denkbar. Vor allem die unzähligen ROS-Bibliotheken, welche von Nutzern des Systems über die Jahre erstellt wurden, machen das System so populär.\cite{rospackages} -Alternative Ökosysteme mit gleichem Umfang wie ROS existieren nicht. -ROS2 -Andere (nur) Messagingsysteme -LCM -ZeroMQ \subsection{Beschreibung} ROS2\cite{doi:10.1126/scirobotics.abm6074}, später auch einfach nur ROS genannt, beschreibt sich selbst als ``a meta operating system for robots''\cite{ros-git}. Hierbei ist ``operating system'' nicht in seiner herkömmlichen Bedeutung eines vollständigen Betriebssystems zu verstehen. Es handelt sich dabei um eine gemeinsame Grundlage für Programme und Daten, welche durch ROS bereitgestellt wird. Einzelne Bestandteile in der Umgebung sind dabei in Pakete gegliedert. Ein Paket kann beliebig viele Daten und Programme beinhalten, welche in zwei Dateien beschrieben werden. In CMakeLists.txt befinden sich Buildinstruktionen für den Compiler, falls sich Programme im Paket befinden. Außerdem können bestimmte Pfade aus dem Paket exportiert werden, sodass diese später im Workspace verfügbar sind. Programme, welche mit anderen Programmen in der Umgebung interagieren, werden in ROS ``Nodes'' genannt. Zu den Aufgaben von ROS gehören dabei: \begin{description} \item[Buildumgebung]\hfill \\ ROS benutzt colcon \cite{colcon}, um Pakete in den Workspaces reproduzierbar zu erstellen. Hierfür werden CMake und einige Erweiterungen, wie z.B. ament\_cmake eingesetzt. \item[Workspaceverwaltung]\hfill \\ Pakete können in verschiedenen Verzeichnissen installiert werden und müssen für andere Pakete auffindbar sein. ROS nutzt hierfür von colcon generierte Skripte, welche beim Erstellen eines Pakets und eines Workspaces mit angelegt werden. Das Skript des Pakets fügt nur dieses Paket der Umgebung hinzu, das Skript des Workspaces führt alle Skripte der enthaltenen Pakete aus, um diese der Umgebung hinzuzufügen. \item[Abhängigkeitsverwaltung]\hfill \\ ROS kann durch die in den Paketen deklarierten Abhängigkeiten prüfen, ob diese in der aktuellen Umgebung verfügbar sind. Dies vermeidet Abstürze und undefiniertes Verhalten in der Ausführung von Nodes. \item[Datenübertragung]\hfill \\ Nodes müssen miteinander auf einem festgelegten Weg kommunizieren können, um beliebige Verbindungen dieser zu unterstützen. Dieser wird durch ROS in Form mehrerer Bibliotheken für unterschiedliche Sprachen bereitgestellt. \item[Parameterübergabe]\hfill \\ Nodes benötigen häufig problemspezifische Konfiguration, um in vorher nicht bedachten Szenarien eingesetzt werden zu können. ROS stellt diese durch deklarierfähige und integrierte Argumente bereit. \item[Startverwaltung]\hfill \\ In sogenannten ``launch''-Files können verschiedene Nodes und andere ``launch''-Files zu komplexen Startvorgängen zusammengefasst werden. \end{description} \section{Simulationsumgebung (Gazebo)} \subsection{Auswahl} Als Simulationsumgebung können verschiedene Programme genutzt werden, welche sich in ihrem Funktionsumfang stak unterscheiden. Hierfür kommen dedizierte Werkzeuge zur Robotersimulation, aber auch zum Beispiel universell einsetzbare Gameengines in Frage. Diese Werkzeuge müssen hierfür auf ihre Tauglichkeit für die gesetzte Aufgabe geprüft werden. Auch andere Aspekte sind hierbei zu betrachten, wie Lizenzen oder schwer bewertbare Aspekte wie Nutzerfreundlichkeit. Für die Auswahl kommen verschiedene Prgramme in Frage, welche im folgenden weiter beleuchtet werden. CoppeliaSim, früher auch V-REP genannt, ist eine Robotersimulationsumgebung mit integriertem Editor und ROS-Unterstützung. Es unterstützt viele Sprachen (C/C++, Python, Java, Lua, Matlab oder Octave) zur Entwicklung von Erweiterungen des Simulators. Der Simulator selbst unterstützt Menschliche Aktoren, jedoch können diese nur Animationen abspielen oder zusammen mit Bewegungen abspielen. CoppeliaSim existiert in 3 Versionen, welche sich im Funktionsumfang unterscheiden, jedoch hat nur die professionelle Version Zugriff auf alle Funktionen und Verwendungsszenarien. Gazebo Ignition ist wie CoppeliaSim eine Robotersimulationsumgebung, jedoch ohne integrierten Editor und direkte ROS-Unterstützung. Gazebo setzt wie CoppeliaSim auf Erweiterungen, welche die gewünschten Funktionen einbinden können. Zum Beispiel existiert auch eine ROS-Brücke, welche die Anbindung an ROS ermöglicht. Auch hier unterstützt der Simulator nur Animationen für menschliche Aktoren. Das Projekt ist Open Source, unter der Apache Lizenz (Version 2.0), was die Verwendung in jeglichen Szenarien erleichtert. Unity hingegen ist primär eine Grafikengine für Nutzung in Computerspielen. Es existieren mehrere Systeme zur Anbindung der Engine an ROS, vor allem das offizielle ``Robotics Simulation''-Paket und ZeroSim. Beide Systeme erlauben die Erweiterung der Gameengine um die Simulation von Robotern. Unity besitzt eine gute Dokumentation, die vor allem auf die Nutzung im Einsteigerbereich zurückzuführen ist. Auch die Optionen zur Menschensimulation sind gut, da diese häufig in Spielen verwendet werden. Ein großer Nachteil hingegen ist die Lizenz, welche nur für Einzelpersonen kostenlos ist. Die Unreal Engine ist wie Unity eine Grafikengine aus dem Spielebereich. Auch hier ist die Menschensimulation aufgrund oben genannter Gründe gut möglich. Jedoch existiert für Unreal Engine keine offizielle Lösung zur Anbindung an ROS2. Die Programmierung der Engine erfolgt in C++, was einer Drittlösung erlaubte, eine ROS-Anbindung für Unreal Engine zu erstellen. Die Lizenz der Unreal Engine erlaubt die kostenfreie Nutzung bis zu einem gewissen Umsatz mit der erstellten Software. Eine weitere Möglichkeit zur Simulation stellt die Grafikengine Godot dar. Im Vergleich zu Unity und Unreal Engine ist Godot quelloffene Software unter der MIT-Lizenz. Auch hier stellt die Simulation von menschlichen Aktoren eine Standartaufgabe dar, jedoch befinden sich Teile des dafür verwendeten Systems derzeit in Überarbeitung. Auch für diese Engine existiert eine ROS2-Anbindung, jedoch ist diese nicht offiziell. Jede der drei Gameengines besitzt ein integriertes Physiksystem, welches die Simulation von starren Körpern und Gelenken erlaubt. Aus diesen Funktionen könnte ein Roboterarm aufgebaut werden, welcher dann durch eine der ROS-Brücken der Engines gesteuert werden kann. Die Wahl der Simulationsumgebung fiel auf Gazebo Ignition, da dieser Simulator bereits im ROS-Framework etabliert ist. Dabei erlauben die offizielle ROS-Anbindung und offene Lizenz eine zuverlässige Verwendung in unterschidlichsten Szenarien. \subsection{Robotersimulation} Für die Robotersimulation wird ein Modell des Roboters benötigt, in welchem dieser für die Siimulationsumgebung beschrieben wird. Gazebo nutzt hierfür .srdf-Dateien, welche auf xml basieren. In diesen werden die einzelnen Glieder des Arms und die verbindenden Gelenke beschrieben. Jedes Glied des Modells besitzt eine Masse, einen Masseschwerpunkt und eine Trägheitsmatrix für die Physiksimulation in Gazebo. Außerdem werden Modelle für die visuelle Repräsentation in Gazebo und die Kollisionserkennung in der Physiksimulation hinterlegt. Für beide existieren einfache Modelle wie Zylinder, Boxen und Kugeln. Da diese Formen nicht jeden Anwendungsfall abdecken und in der visuellen Repräsentation nicht ausreichen, können auch eigene Modelle hinterlegt werden. Gelenke werden separat von den Gliedern definiert und verbinden jeweils zwei Glieder miteinander. Durch das Aneinanderreihen von mehreren Gliedern und Gelenken kann so jeder Roboteraufbau beschrieben werden. Jedes Gelenk besitzt eine Position und Rotation im Raum, um dessen Effekte je nach Typ des Gelenks berechnen zu können. Aspekte wie Reibung und Dämpfung können auch für die Physiksimulation angegeben werden. Folgende Typen von Gelenken können in urdf genutzt werden: \begin{description} \item[freie Gelenke] ermöglichen vollständige Bewegung in allen 6 Freiheitsgraden. Sie stellen den normalen Zustand der Gelenke zueinander dar. \item[planare Gelenke] erlauben Bewegungen senkrecht zur Achse des Gelenks. Sie werden für zum Beispiel Bodenkollisionen eingesetzt. \item[feste Gelenke] sperren alle 6 Freiheitsgrade und werden häufig zur Plazierung von Objekten in einer Szene genutzt. \item[kontinuierliche Gelenke] erlauben die beliebige Rotation um die Achse des Gelenks. Sie sind nur selten in rotierenden Gelenken mit Schleifkontakten zu finden. \item[drehbare Gelenke] verhalten sich wie kontinuerliche Verbindungen, haben jedoch minimale und maximale Auslenkungen. Sie sind die häufigste Art von Gelenken in Roboterarmen. \item[prismatische Gelenke] ermöglichen die Bewegung entlang der Achse des Gelenks. Denkbare Anwendungsfälle sind simulierte lineare Aktuatoren. \end{description} \subsection{Menschensimulation} Gazebo besitzt bereits ein einfaches Animationssystem für bewegliche Aktoren, welches auch für Menschen nutzbar ist. Es existiert bereits ein Modell eines Menschen mit mehreren Animationen, welche allein abgespielt, oder an Bewegungen gekoppelt werden können. Dadurch ist eine Laufanimation realisierbar, welche synchronisiert zur Bewegung abgespielt wird. Jedoch ist dies nur unter der Bedingung möglich, dass der gesamte Bewegungsablauf zum Simulationsstart bekannt ist. Dies ist auf die Definition der Pfade, welche die Bewegung auslösen, zurückzuführen. Diese können nur in der .sdf-Datei des Aktoren definiert werden, was Veränderungen zur Laufzeit ausschließt. Durch diesen Umstand ist der mögliche Simulationsumfang nicht ausreichend. Um diesen Umstand zu beheben, ist die Entwicklung eines eigenen Systems zum Bewegen und Animieren des Menschen unausweichlich. Dieses System muss, wie im Konzept beschrieben, Steuerbefehle von außen empfangen, umsetzen und Feedback liefern können. \section{Roboterumgebung (MoveIt2)} MoveIt2 ist das empfohlene ROS2 Paket für Bewegungsplanung von Robotern. Das System besteht aus meheren Komponmenten, welche in ihrer Gesamtheit den Bereich der Bewegungsplanung abdecken. Der Nutzer kann mit MoveIt auf mehreren Wegen Steuerbefehle für den Roboter absenden. Die einfachste Art der Inbetriebnahme ist über das mitgelieferte RViz-Plugin und die demo-Launch-Files, welche durch den Setupassistenten für den Roboter generiert werden. Dort können Bewegungen durch das Bewegen von Markierungen oder in der Simulation geplant und ausgeführt werden. Da sich ein solches System nur beschränkt zur Automatisierung durch Software eignet, existieren auch noch andere Schnitstellen. Für die Sprache Python existierte früher noch das moveit_commander Paket, welches den Zugriff auf MoveIt in Pyhon erlaubt, welches aber aktuell noch nicht portiert wurde. \cite{moveitpython} Die direkte Nutzung der C++-API ist aktuell die einzige offizielle Möglichkeit, mit MoveIt auf einer abstrakteren Ebene zu interagieren. Natürlich können die Befehle auch direkt an die entsprechenden Topics gesendet werden, was jedoch Erfahrung mit den verwendeten Datenstrukturen benötigt. Durch diese Schnittstelle erhält die sogenannte MoveGroup ihre Informationen über die gewünschte Bewegung. Diese Daten können durch eine OccupancyMap ergänzt werden, welche die Bereiche beschreibt, welche sich um den Roboter befinden. Eine solche Erweiterung erlaubt die Nutzung von Kollisionsvermeidung mit Objekten im Planungsbereich. Die Planung der Bewegung wird durch einen der zahlreichen implementierten Solver erledigt, welcher durch die MoveGroup aufgerufen wird. Um die generierte Bewegung umzusetzen, werden die gewünschten Gelenkpositionen als Abfolge an ros_control weitergegeben. Dabei können sowohl echte Hardwaretreiber, aber auch simulierte Roboter genutzt werden. Der Erfolg der gesamten Pipeline kann dabei durch einen Feedbackmechanismus überwacht werden. Im Falle von Gazebo wird ign_ros_control genutzt, welches die benötigten ros_control Controller in die Simulation einbindet. Diese können dann wie normale Controller von ros_control genutzt werden. Dieser Ablauf ist auch im Anhang unter Abbildung \ref{moveitpipeline} visualisiert.